Romantik-Ausstellung

Der Dichter Wilhelm Müller wäre heute fast vergessen, hätte nicht der berühmte Wiener Komponist Franz Schubert zwei seiner wichtigsten Gedichtsammlungen vertont: Die schöne Müllerin und Die Winterreise. Dabei war Wilhelm Müller nicht nur ein ausgezeichneter Poet, sondern auch eine historisch interessante Gestalt: Er studierte Philologie in Berlin, nahm an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teil und war regelmäßig zu Gast in den Berliner Salons. Später engagierte er sich in seinen über 50 „Griechenliedern“ für den Befreiungskampf der Griechen gegen die türkische Besatzung. Dadurch wurde er zu einer wichtigen Identifikationsfigur für seine Zeitgenossen, die sich die Ideale der Freiheit auf die Fahnen geschrieben hatten. Er wirkte als Gymnasiallehrer, Bibliothekar und Herausgeber alter deutscher Gedichte in seiner Heimatstadt Dessau.

In seinen Gedichten bringt Wilhelm Müller typische Themen der Romantik zum Ausdruck: Naturverbundenheit, Liebe, Hoffnung und Enttäuschung, aber auch das Gefühl, als Fremder und Ausgestoßener heimatlos durch die Welt zu irren – rastlos und ohne Ziel. In der Winterreise macht sich ein hoffnungslos Liebender einsam und verstoßen zu Fuß auf den Weg durch unwirtliche winterliche Landschaften. Er schärft seine Wahrnehmung für fremde Menschen und seltsame Naturphänomene, bis er schließlich auf einen einsamen Leiermann trifft, der barfuß auf dem Eis seine Lieder singt.

Der Wiener Komponist Franz Schubert fand die 24 Gedichte der Winterreise in zwei Taschenbüchern der Reihe Urania und vertonte sie 1827. Franz Schubert war ein Meister des romantischen Liedes. Singstimme und Klavierbegleitung sind in seinen Werken ebenso kunstvoll wie ausdrucksstark ineinander verwoben. Der Zyklus gehört zu den letzten und berühmtesten Werken des ein Jahr später mit nur 31 Jahren verstorbenen Komponisten. Ausdruckskraft und Klangsprache der Lieder empfanden die Zeitgenossen als „schaurig“.

Text und Musik sind romantischen Ursprungs, aber sie haben nichts von ihrer Aktualität verloren. Die Winterreise könnte auch heute spielen – immer und überall.