Romantik-Ausstellung

Karoline von Günderrode war eine der ungewöhnlichsten Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Ihr Verlangen nach Freiheit war mit der konventionellen Frauenrolle kaum zu vereinbaren. Die belesene Autorin beschränkte sich nicht auf die üblichen Themen und Gattungen, die sich für eine Frau ihrer Zeit schickten. So galt ihr Werk vielen Zeitgenossen als „seltsame Erscheinung“, wie Goethe es ausdrückte.

Im Sommer 1804 lernte die Autorin den in Heidelberg lehrenden Altertumswissenschaftler Friedrich Creuzer kennen. Den neun Jahre älteren Creuzer und die Dichterin verbanden gemeinsame Interessen wie klassische Literatur und Mythenforschung. Bald verliebten sie sich ineinander, doch Creuzer war in einer Vernunftehe gebunden. So blieb ihr heimlicher „Bund auf Leben u[nd] Tod“, wie Günderrode ihn in dem hier ausgestellten Brief vom März 1805 nannte, schwankend zwischen ständiger Hoffnung und Enttäuschung. Als sich Creuzer ein gutes Jahr später brieflich von ihr trennte, hielt sich Karoline von Günderrode gerade in Winkel am Rhein auf. Hier setzte sie ihrem Leben ein Ende, indem sie sich einen Dolch ins Herz stieß.

Zu diesem Zeitpunkt befand sich Günderrodes letztes Werk Melete gerade im Druck, herausgegeben von Creuzer. Unter dem Titel Briefe zweier Freunde enthielt es auch einen literarischen Briefwechsel, den man auf die Autorin und Creuzer beziehen konnte. Dem Rat eines Freundes und dem Wunsch von Günderrodes Bruder entsprechend stoppte Creuzer den Druck. Ein einziges Exemplar blieb erhalten, dass nun in der Vitrine zu sehen ist. Es enthält vier gedruckte Korrekturbögen, der fünfte Bogen wurde durch Fritz Schlosser abgeschrieben, aus dessen Nachlass das Exemplar stammt.

Einem breiteren Publikum wurde Karoline von Günderrode im 20. Jh. durch die Schriftstellerin Christa Wolf bekannt. Sie schildert in ihrem 1979 erschienenen Buch Kein Ort. Nirgends eine erfundene Begegnung zwischen Günderrode und Heinrich von Kleist. In ihrer Erzählung lässt sie die beiden über die Grenzen der Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung in der Enge der bürgerlichen Wirklichkeit sprechen und über den Spielraum, den die Poesie eröffnet.

Neben der Vitrine mit Günderrodes Brief an Creuzer steht eine zweite Vitrine, in der sich ein Brief von Heinrich von Kleist findet. Einige Jahre vor seinem selbstgewählten Tod schrieb er seiner Verlobten Wilhelmine von Zenge die zuvor erklärt hatte, dass sie ihm nicht in eine einfache, ländliche Existenz folgen würde. In seinem Brief brach er den Kontakt zu ihr ab, mit den Worten: „Liebes Mädchen, schreibe mir nicht mehr. Ich habe keinen andern Wunsch als bald zu sterben.“ Beide Briefe sind Ausdruck enttäuschter Erwartungen - nicht nur in der Liebe.

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