Romantik-Ausstellung

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Im Jahr 2023 wird Slowenien Ehren­gast der Frankfurter Buchmesse sein. Gleichzeitig sind 175 Jahre seit der Erstveröffentlichung des Gedichts Zdravljica (Trinklied) vergangen, ei­nem besonders wichtigen Text aus der Feder des Klassikers der slowe­nischen Literatur, France Prešeren. Diese Verse überdauerten alle Kriege und Umwälzungen, sie wurden sogar zur Hymne des slowe­nischen Staates; als solche bieten sie den besten Einblick in die Suche des Dichters nach dem perfekten spra­chlichen Ausdruck und einem vom friedlichen Zusammenleben der Men­schen geleiteten kulturellen Geist. France Prešeren ist der maßgebende Dichter der slowenischen Nation.

Wer war Prešeren eigentlich und wovon erzählen seine Gedichte? Die Ausstellung im Handschriftenstudio des Deutschen Romantik-Museums zeigt eine Auswahl der ersten und bedeutenderen Ausgaben von France Prešeren und seiner Schülerin Luiza Pesjak, die in der National- und Universitätsbibliothek in Ljubljana aufbewahrt werden. Sie wirft ein Schlaglicht auf Prešerens Arbeit, Leben, Ansichten, Nöte und Freuden. Präsentiert werden bahn­brechende Werke, die zugleich Aus­druck der Eigenqualität der slowenischen Romantik und heraus­ragenden literarischen Schaffens sind.

Die fünf Vitrinen bieten einen fokussierten Blick auf den Dichter. Wir lernen ihn als Menschen, Dich­ter, Visionär, Zeitgenossen und liter­arische Figur kennen. Zunächst nähern wir uns ihm autobiografisch an. Anschließend begeben wir uns über eine Hommage an den Maler, der Prešerens Geliebte porträtierte, auf eine intime Reise ins Leben des Dichters, deren zentrales Ereignis die Geburt und der Tod seiner Liebe zu Julija Primic ist. Der Dichter erlebt sie als Muse und als Quelle seines eigenen literarischen Schaffens. In den Sonetje nesreče (Sonetten des Un­glücks), in denen Prešeren von einer existenziellen Freudlosigkeit des Individuums schreibt, in dem von ein­er anspruchsvollen Form gekennze­ichneten Sonetni venec (Sonettkranz) und auch im sanften poetischen Bekenntnis seiner Gazele (Ghasel­en) kommen wir dem Dichter näher. Daraufhin machen wir uns mit seinen Vorstellungen über das tragische Schicksal des Kunstschaffenden und mit sein­er persönlichen und politischen Botschaft an die Welt vertraut, die aus Zdravljica zu uns spricht. Im An­schluss folgen einige Reflexionen hin­sichtlich der Rezeption seines Werks und wir erfahren, wie Prešeren an andere Literaten anknüpfte und zu welchen herausragenden Zeitgenos­sen er Beziehungen pflegte. Zum Abschluss widmen wir uns noch dem Werk von Luiza Pesjak, einer Dichter­in, Schriftstellerin und Dramatikerin, die an Prešeren, dessen Verse sie in ihrer Jugend zum Schreiben von Literatur ermutigt hatten, erinnert, indem sie ihn zum Helden einer ihrer Tragödien machte.

In der Geschichte über Prešeren, die mittels des von Prof. Dr. Dr. Igor Gr­dina und Prof. Dr. Urška Perenič zusam­mengestellten Ausstellungsmaterials erzählt wird, hallen die Zeiten des Umbruchs wider, in denen der Dich­ter schuf. Das Kuratorenteam zeigt sowohl den historischen Kontext als auch – umrisshaft – die Entwicklung des geistigen Raums der slowenischen Literatur, in den Prešeren eintrat, sow­ie das wichtige Erbe, das er der slowe­nischen und europäischen Kultur hinterließ. Die Verwurzelung seines Schaffens im europäischen Raum wurde auch im März 2020 bestätigt, als die Europäische Kommission Prešerens Zdravljica das Europäische Kulturerbe-Siegel verlieh und dieses wertvolle Dokument zu den wichtig­sten Kulturdenkmalen zählte, die von der Geschichte der europäischen Idee und Integration zeugen. Die Nation­al- und Universitätsbibliothek fungi­ert also nicht nur als Aufbewahrung­sort des Manuskripts, sondern auch als Pflegerin dieses Kulturerbes.