Romantik-Ausstellung

Der katholisch getaufte Clemens Brentano befand sich in einer Phase des religiösen Aufbruchs, als er 1816 von der ehemaligen Augustiner-Nonne Anna Katharina Emmerick im westfälischen Dülmen hörte, an deren Körper sich die Wundmale Christi zeigten, die als Stigmata bezeichnet werden.

Anna Katharina Emmerick kam 1774 in Coesfeld in armen Verhältnissen zur Welt. Schon früh zog es sie zur Religion, mit 28 Jahren wurde sie Novizin im Kloster Agnetenberg in Dülmen. Als das Kloster 1811 aufgehoben wurde, arbeitete sie als Haushaltshilfe bei einem Pfarrer. Dort verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand, so dass sie das Haus nicht mehr verlassen konnte. Sie bekam blutige Male an Händen und Füßen, am Kopf wirkten die Wunden wie die Spuren einer Dornenkrone, weshalb sie Verbände tragen musste. Zwölf Jahre lang durchlebte sie in mystischen Visionen die Leiden Christi und zeigte immer wieder Stigmata. Die ungewöhnlichen Vorkommnisse erregten das Interesse der Öffentlichkeit. 1819 setzte der preußische Staat eine Untersuchungskommission ein, aber es konnte kein Betrug nachgewiesen werden. Bis heute bewegt ihre Geschichte viele Gläubige. 2004 erfolgte die Seligsprechung Emmericks durch Papst Johannes Paul II.

Brentano reiste im Herbst 1818 nach Westfalen, um Anna Katharina Emmerick persönlich kennenzulernen. Sie faszinierte ihn, so dass er bis zu ihrem Tod 1824 in Dülmen blieb. Brentano verbrachte viel Zeit im Zimmer der bettlägerigen Frau und fertigte Aufzeichnungen ihrer Äußerungen an. Er war davon überzeugt, dass sich 1800 Jahre nach Jesus Christus durch die Visionen einer tiefgläubigen Frau ein unmittelbarer Zugang zum christlichen Heilsgeschehen eröffnete.

Mit dem in Dülmen entstandenen Material beschäftigte sich Brentano fast 20 Jahre lang, insgesamt entstanden rund 16.000 beschriebene Seiten. Eine kleine Auswahl seiner gut 7.000 Seiten umfassenden Tagebücher ist an den Wänden zu sehen, an den Hörstationen werden sechs Einzelblätter näher vorgestellt. Brentano hat von Beginn an die oft unzusammenhängenden Äußerungen Emmericks ergänzt. So stellte er jene Erinnerungsberichte her, die er später zum Druck brachte.

Drei Bücher wollte Brentano auf der Grundlage seiner Aufzeichnungen schreiben: Das bittere Leiden unsers Herrn Jesu Christi erschien noch zu Lebzeiten, das Leben der heil. Jungfrau Maria war bei seinem Tod 1842 zur Hälfte gesetzt und die Lehrjahre Jesu erschienen erst postum. Sie stießen auf viel Interesse bei der Leserschaft. Brentanos geplante Emmerick-Biografie blieb jedoch unvollendet. 1998 verarbeitete der Schriftsteller Kai Meyer die Begegnung von Clemens Brentano und Anna Katharina Emmerick in dem Roman Das Gelübde. Dominik Graf verfilmte ihn 2007, ein kurzer Ausschnitt daraus ist in dieser Station zu sehen.