Das Nachdenken über Poesie nahm bei Friedrich Schlegel einen zentralen Stellenwert ein. Seine Überlegungen hielt er in zahlreichen Notizheften fest. Vieles davon hatte er in der gemeinsam mit seinem Bruder August Wilhelm Schlegel herausgegebene Zeitschrift Athenaeum veröffentlicht.
Ein Leitgedanke war: „Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie“ - also eine Literatur, die alle Gattungen und Wissensgebiete verbindet und immer in Entwicklung begriffen ist. Zahlreiche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben sich mit Schlegels innovativen Ideen beschäftigt, einige von ihnen kommen in der Videostation zu Wort.
Im Juni 1802 zog Schlegel mit seiner Familie nach Paris, wo er eine Zeitschrift mit dem Titel Europa herausgab. Das erste Heft erschien Anfang 1803 und enthält einen Beitrag über den Stand der Wissenschaften und Künste in einer Zeit großer Umbrüche. Die geistige Entwicklung Deutschlands erscheint Schlegel als zukunftsweisend: Hier werde die „universelle Wechselwirkung aller [...] Künste und Wissenschaften“ sichtbar, wobei der „Dichtkunst“ eine besondere Stellung zukomme.
Auf dem Blatt, das in dieser Station zu sehen ist, beantwortet er die Frage: „Wäre es nicht richtiger die π [Poesie] in das Centrum zu setzen?“ entsprechend mit Ja. Die Skizze veranschaulicht die herausgehobene Stellung der Poesie. Sie steht im Mittelpunkt, die anderen Begriffe umkreisen sie. Im Uhrzeigersinn sind das: Politik, Kritik, Ästhetik, Physik, Religion, Mathematik und Philosophie. Schlegel notiert dazu: „Die Poesie ist die Sonne in die sich alle Planeten der Kunst und Wissenschaft auflösen.“ Poesie umfasst bei Schlegel damit weit mehr als nur Literatur. Vielmehr handelt es sich um ein universales schöpferisches Prinzip, das alles Trennende überwindet.