Autorinnen der Romantik

Aufgedeckt!

Sophie Mereau gehörte zu den wenigen überregional bekannten Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts. Sie fasziniert bis heute, weil sie wie eine Landschaftsmalerin dichtete. Es gelang ihr allein mit Worten, verschiedene Gegenden und Atmosphären sinnlich erfahrbar zu machen. In ihren Landschaftsgedichten zeigt sich, dass die Autorin die Grenzen zwischen Bildender und Dicht-Kunst auflösen wollte.

So ist auch ihr in dieser Station nachlesbares Sonett Auf eines Ungenannten Büste von Tiek von 1805 nur eines von mehreren Darstellungsexperimenten. Nach dem Büsten-Sonett lässt Mereau in ihrem Band Bunte Reihe kleiner Schriften eine Serie von sechs Gedichten drucken, die durch Bilder und Skulpturen aus der Dresdner Gemäldegalerie inspiriert wurden. In diese poetische Text-Galerie reiht Mereau auch zwei Landschaftsgedichte, die das Malerische ihrer Literatur besonders deutlich machen. Sie interessieren sich für das Verhältnis von Mensch und Umwelt sowie für die die Stimmungen, die bestimmte Landschaften erzeugen. Eines der durch die Dresdner Kunst inspirierten Gedichte hören wir nun zum Abschluss:

Wilde Gegend.

Die dunklen Fichten stehn in starrem Schweigen,

Die Felsen ihre Stirnen drohend neigen,

Die Bäche wild in finstre Gründe steigen

Und alles scheint Verheerung anzuzeigen.


In feuchter Tiefe seh ich Schlangen schleichen,

Zerbrochen hängt der Steg an wilden Zweigen,

Das trübe Wasser sammelt sich in Teichen

Und einsam sah ich einen Wandrer steigen.


Was suchst du hier in diesem öden Schweigen,

Will dir das Leben keinen Reiz mehr zeigen?

Suchst du den Pfad zu Gräbern und zu Leichen,

Und willst schon hier gleich einem Schatten schleichen?


Wie? Treue führt dich her? Hoch in den Zweigen

Auf jedem Gipfel will sich Liebchen zeigen.

Ach! wehe! Nie wirst du die Höh erreichen!

Verzweifelt sieht sie oben dich erbleiben!