Romantik-Ausstellung

Romantik und Parlamentarismus

„Ich erkläre mich für die periodische Wahl des Reichsoberhauptes durch die Volksvertretung. In voriger Sitzung habe ich, ohne Aussicht auf Erfolg, für den weitesten Kreis der Wählbarkeit gestimmt und folgerichtig auch gegen den Paragraph des Entwurfes, vermöge dessen nur regierende Fürsten zu dieser Würde berufen werden können. Nachdem der Beschluß gefaßt worden ist, wie er lautet, bleibt mir übrig, für Anträge zu stimmen, welche gegen die Erblichkeit und eben damit gegen die Bevorrechtigung eines einzelnen Staates und Stammes, sowie gegen den Ausschluß Österreichs gerichtet sind [...]. / Es ist in diesen Tagen wiederholt von Jugendträumen gesprochen worden, ich gestehe meinesteils, es verfolgt mich noch immer ein Traum, der Frühlingstraum des Jahres 1848. [...] / Ich gestehe, einmal geträumt zu haben, daß der großartige Aufschwung der deutschen Nation auch bedeutende politische Charaktere hervorrufen werde, und daß hinfort nur die Hervorragendsten an der Spitze des deutschen Gesamtstaates stehen werden. Dies ist nur möglich durch Wahl, nicht durch Erbgang. […] (Bravo auf der Linken.) [...] Die einmalige Wahl, vermöge welcher das zum erstenmal gewählte Oberhaupt die Würde vererben würde, diese erste Wahl ist ein letzter Wille, ein besonders feierlicher Verzicht auf das Wahlrecht. Ich hoffe, meine Herren, Sie werden diesen Verzicht nicht aussprechen; er steht im Widerspruch mit dem Geiste, durch den Sie hierher gerufen sind. (Bravo auf der Linken.) Die Revolution und ein Erbkaiser – das ist ein Jüngling mit grauen Haaren. (Lebhaftes Bravo auf der Linken und im linken Centrum.) / Ich lege noch meine Hand auf die alte offene Wunde, den Ausschluß Österreichs. Ausschluß, das ist doch das aufrichtige Wort; denn wenn ein deutsches Erbkaisertum ohne Österreich beschlossen wird, so ist nicht abzusehen, wie irgend einmal noch Österreich zu Deutschland treten werde. (Bravo auf der Linken.) [...] / Eine wahre Einigung muß alle deutschen Ländergebiete zusammenfassen. [...] / Zum Schlusse, meine Herren: verwerfen Sie die Erblichkeit, schaffen Sie keinen herrschenden Einzelstaat, stoßen Sie Österreich nicht ab, retten Sie das Wahlrecht, dieses kostbare Volksrecht, dieses letzte fortwirkende Wahrzeichen des volksmäßigen Ursprungs der neuen Gewalt! Glauben Sie, meine Herren, es wird kein Haupt über Deutschland leuchten, das nicht mit einem vollen Tropfen demokratischen Öls gesalbt ist! (Lebhaftes Bravo und Beifallklatschen auf der Linken und dem linken Centrum.)

Ludwig Uhland: Antrag „für periodische Wahl des Reichsoberhauptes durch die Volksvertretung“. In: Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituirenden National-Versammlung zu Frankfurt a.M., Bd. 7, Nr. 157, 23.1.1849, S. 4818f.

König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen hatte am 5. Dezember 1848 die Preußische Nationalversammlung auflösen lassen und danach eine Verfassung für sein Land erlassen mit der Folge, dass diese nicht von parlamentarischen Organen angefochten werden konnte. Das Prinzip der durch Volkswillen bestimmten parlamentarischen Vetretung war damit ausgehebelt. In seinem Antrag sprach sich Uhland gegen das dynastische Erblichkeitsprinzip aus und plädierte mit Nachdruck „für die periodische Wahl des Reichsoberhauptes“. Bei aller Entschiedenheit der Argumentation lässt seine Wortwahl aber schon erkennen, dass er mittlerweile nur noch die Position einer Minderheit in der Nationalversammlung vertritt.